Selbstbehandlung und Entlastung bei einem Lipödem

Hallo, mein Name ist Julia.

Heute möchte ich euch ein wenig von meiner Krankheitsgeschichte erzählen. Ich hoffe, dass sich einige Menschen vielleicht damit identifizieren können und ich damit vielleicht etwas helfen oder zumindest Mut zusprechen kann. 

Fangen wir mal in meiner Kindheit an. Ich war ein eher schlankes Kind. Ich hatte lange Zeit nicht besonders viel auf den Rippen und habe mich immer viel bewegt. Später dann bin ich langsam aber doch stetig immer mehr geworden. Warum ? Das wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Gerade meine Mutter, konnte sich das alles nicht erklären. Sie war die Person, die mir immer frisches, gesundes Essen zubereitete. Sie war die Person, die mir mein Essen für die Pause vorbereitete und sie war die Person, die gesehen hat, wie aktiv ich war. Passte das alles zusammen? Nein, natürlich nicht. Anfangs macht man sich vielleicht noch nicht allzu viele Gedanken, da hieß es von den Kinderärzten etc. immer nur „Ach das verwächst sich noch“. Da ich schon früh merkte, dass ich einfach immer mehr wurde und es mich bei meinem doch sehr ausgeprägten Bewegungsdrang oft beeinträchtigte, suchte sich meine Mutter nachdem sie bei den Ärzten nicht weiter kam Hilfe bei einer Ernährungsberaterin. Hier wurde über Bluttests ein Ernährungsplan für mich erstellt. Super! Das war das Rätsels Lösung, dachten wir! Also habe ich mich genau an diesen einen, für mich erstellten Plan gehalten. Wir hatten so große Hoffnung! Hat es etwas gebracht? Nein leider nicht. Also ging es weiter, dass ich weiter an Gewicht zunahm. Über Jahre folgte eine Diät der Nächsten. Ich habe so viele Diäten durch, dass ich manchmal gar nicht mehr so genau weiß, was ich alles schon versucht habe. Über Saftkuren, Low Carb, No Carb, nur zu gewissen Zeiten essen und warmes Zitronenwasser gegen den Hunger trinken, habe ich alles durch. Selbstverständlich immer in der Kombination von viel Sport. Selbst eine Diät in der man nur noch diese „Abnehmshakes“ trinkt. Über 6 Wochen habe ich nur diese Shakes getrunken. Danach habe ich mit einem halben Apfel pro Tag wieder begonnen etwas zu mir zu nehmen. Hat das etwas gebracht ? Nein!! Kein halbes Kilo ist runter. Einfach nichts. 

Ok weiter ging es, denn den Kopf hängen lassen, oder das Ganze einfach so hinnehmen kam für mich nicht in Frage. Rückenschmerzen kamen und ich fühlte mich einfach nicht mehr wohl in meiner eigenen Haut. Ärzte, die ich bzgl. meiner Rückenschmerzen aufsuchte, haben immer nur gesagt ich müsse abnehmen. Mit weniger Gewicht würden auch die Rückenschmerzen verschwinden. Leichter gesagt als getan. Ich habe jeden Arzt gefragt was ich noch machen sollte. Ich solle mich mehr bewegen und auf meine Ernährung achten. Das tue ich bereits seit Jahren, sagte ich immer und als Antwort bekam ich „Dann machen Sie wohl etwas falsch“ Ich habe mich einfach unverstanden und nicht ernst genommen gefühlt. 

Die Jahre vergingen und ich lebte weiter mit meinen ständig wechselnden Diäten, dem vielen Gewicht und meiner Unzufriedenheit mir gegenüber. Ich machte so viel Sport, achtete auf meine Ernährung und tat alles Menschen Mögliche, um dieses Gewicht endlich von den Rippen zu bekommen. Aber keine Chance.. 

Im Jahr 2016 hatte ich eine für mich schlimme Phase durchgemacht. Es ging mir psychisch so schlecht, dass ich nicht mehr essen und nicht mehr trinken konnte. Ich habe nichts mehr in mir behalten können. War das eine Essstörung? Ja vielleicht, das weiß ich nicht.
In dieser Zeit habe ich das erste Mal an Gewicht verloren. Warum? Auch das weiß ich leider bis heute nicht ?!
Ich habe mir geschworen dieses Gewicht nie wieder zuzunehmen. Ich war dankbar, dass die Kilos weniger geworden sind. 
Gerade in der Zeit als es mir unheimlich schlecht ging, kam eine Person in mein Leben, die mich aus diesem Tief holen konnte. Er hat es geschafft mich aufzubauen, mir eine gewisse Leichtigkeit in mein Leben zurückzubringen. Er wusste von Anfang an von meinen Problemen bzgl. meinem Gewicht. Er hat mich immer unterstützt, wir haben zusammen viel Sport gemacht und haben uns gesund ernährt. Hört sich toll an oder ?! Das war es auch, nur mein Gewicht stieg an. Langsam aber stetig und so hatte ich 1,5 Jahre später 20 kg mehr auf den Rippen. Ich konnte es einfach nicht verstehen. Dann kam der Moment in dem ich mir von meiner Mutter und meinem Partner anhören durfte, dass die einzige Erklärung dafür ist, dass ich heimlich in der Arbeit esse. Denn mit meinem Lebensstil kann es einfach nicht sein, dass ich so sehr zunehme. Oh ich war so unendlich enttäuscht und verletzt, dass genau die beiden Menschen die mir immer am meisten Kraft gegeben haben, mir so etwas unterstellten. Heute weiß ich, dass es einfach nur die Sorge um mich war, die beiden zu solchen Gedanken zu bringen.
Trotzdem habe ich nicht aufgegeben. Jeden Morgen sind wir ins Fitnessstudio und ich habe sowohl Ausdauersport als auch Krafttraining gemacht. Da es immer so schön heißt, dass Muskeln das Fett verbrennen, dachte ich eine gute Balance zwischen Ausdauer und Kraftsport sei super. Die Muskeln wurden mehr, nur das Fett leider nicht weniger. So wurde ich auch hier immer mehr Mensch.
In dieser Zeit habe ich eine Lymphologin aufgesucht. Sie sah mich an und meinte, ich habe ein Lipödem. Ok alles klar, dachte ich mir, ich weiß weder was genau das ist, noch wie ich jetzt weiter machen solle. Die Zeit kam, in der ich Kompressionskleidung trug und 2x wöchentlich zur Lymphdrainage ging. Täglich Ausdauersport, danach geduscht und fertig gemacht und vom Fitnessstudio aus ab in die Arbeit. Richtig ich musste daher meine Kompressionskleidung im Fitnessstudio in der Umkleide anziehen. Da wir so früh morgens dort waren war das ok, da meistens noch niemand sonst dort war. Also zwang ich mich frisch geduscht, nach meiner Sporteinheit in die Kompressionsstrumpfhose. An einem Tag kamen zwei wunderschöne Frauen herein mit top durchtrainierten Körpern, während ich mir diese Strumpfhose über die Beine zerrte. Dann kam der Spruch „Hey Süße, ist dir noch nicht aufgefallen, dass dir deine Strumpfhose zu klein ist?“ Autsch der hat gesessen und ich dachte nur „nein du blöde Kuh, hast du schon mal etwas von Kompressionskleidung gehört?“, gesagt habe ich in diesem Moment gar nichts.
Heute kann ich über die Situation lachen, denn ehrlich gesagt sieht es doch tatsächlich manchmal ganz schön lustig aus, bis man diese Kompressionskleidung an hat. 

Nach doch kurzer Zeit hatte ich mich dazu entschlossen, mich operieren zu lassen. Die Suche nach dem Arzt meines Vertrauens ging los, ich habe ihn gefunden und mich operieren lassen. Für mich die beste Entscheidung eine Liposuktion durchführen zu lassen. Es war kein Spaziergang, aber es hat sich gelohnt. Seit der OP habe ich nicht mehr zugenommen. Nein mit viel Disziplin und Durchhaltevermögen, habe ich seit der OP sogar 11 kg abgenommen. Ich tu mich noch immer sehr schwer mit dem Abnehmen und das wird sich vermutlich auch nicht ändern aber ich denke ich bin auf einem guten Weg. Zusätzlich wurde bei mir vor einem Jahr eine Insulinresistenz diagnostiziert, die mir das Ganze noch etwas schwieriger macht. Viel kann ich dazu noch nicht sagen, da ich zwar mittlerweile medikamentös eingestellt bin, aber nach so kurzer Zeit noch kein wirkliches Feedback geben kann. Ich kann nur immer wieder betonen, dass ich sehr dankbar bin, Menschen in meinem Leben zu haben die mich als Mensch lieben. Diese Menschen unterstützen mich und nehmen mich einfach, wie ich bin. Mit allen Ecken und Kanten und dem ein oder anderen Kilo zu viel auf den Rippen. Vor allem aber an schlechten Tagen, an denen ich mich einfach nur schwer fühle und ich mit meinen Wassereinlagerungen zu kämpfen habe, sind die Tage, an denen ich manchmal einfach nur meine Ruhe brauche. Keine aufbauenden Worte, sondern einfach meine Ruhe und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich diese Ruhe dann bekomme! 

Aktuell mache ich eine Behandlung, die meine Wassereinlagerungen verringern soll. Nach vier Wochen habe ich bereits 4 cm Bauchumfang verloren und meine Beine fühlen sich so leicht an wie seit Jahren nicht mehr. Ich bin wirklich begeistert.

Ich halte euch sehr gerne auf dem Laufenden wie es mit meiner Behandlung weiter geht.

Liebe Grüße Julia